Cevdet Gürle

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Dr. Cevdet Gürle (2020)

Dr. Cevdet Gürle (* 29. November 1977 in Werne) ist Lehrer und Hammer Kommunalpolitiker. Er ist seit 2009 Mitglied der Bezirksvertretung Hamm-Herringen sowie seit 2014 Ratsherr im Hammer Stadtrat für die Wählergemeinschaft Pro Hamm.

Leben

Gürle ist Lehrer an einem Gymnasium in Unna und unterrichtet hier die Fächerkombination Sozialwissenschaften und Geschichte. Er ist seit 1997 deutscher Staatsbürger, verheiratet mit Gülten Gürle und Vater von zwei Kindern.

Seit 1999 ist er als Übungsleiter im Verein Taekwondo Herringen (vormals Fortuna Herringen/SVF Herringen e.V.) tätig, den er 2007 zusammen mit Meheddiz Gürle Taekwondo Herringen gegründet hat. Seit Gründung dieses Vereins ist er dort zudem als Vorsitzender und leitender Trainer aktiv.

Gürle ist neben seinem sportlichen und kommunalpolitischen Engagement auch ehrenamtlich aktiv, unter anderem beim Verein ICH und DU. Außerdem war er drei Jahre im Vorstand der Moscheegemeinde Ulu Moschee Hamm-Herringen tätig, darunter auch als Pressesprecher. Dieses Amt legte er am 1. Juli 2014 aus Zeitgründen nieder.

Gürle ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Sein Bruder, Erol Gürle, ist ebenfalls Mitglied des Stadtrats sowie in der Bezirksvertretung Hamm-Mitte.

Politik

Cevdet Gürle gründete 2009 mit Denni May die Wählergemeinschaft Pro Herringen, welche bei den Kommunalwahlen im August 2009 im Stadtbezirk Hamm-Herringen antrat und auf Anhieb 4,40 Prozent der Stimmen erhielt. Für Pro Herringen saß Gürle von 2009 bis 2014 als Mandatsträger in der Bezirksvertretung Herringen.

Im Sommer 2013 entwickelte sich die Wählergemeinschaft Pro Herringen zur Wählergruppe Pro Hamm weiter. Gürle wurde Vorsitzender der neuen Wählergruppe und trat für diese bei den Kommunalwahlen als Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters an. Er bekam bei der Wahl am 25. Mai 2014 2,7 Prozent der gültig abgegebenen Stimmen. Da die Wählergruppe auf Anhieb zwei Sitze im Hammer Stadtrat erreichen konnte, war er von nun an Ratsherr und blieb weiterhin Bezirksvertreter in Herringen. Da Pro Hamm in Hamm-Herringen zwei Sitze erreichen konnte, war er dort als Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft tätig.

Bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 trat Gürle erneut als Oberbürgermeisterkandidat seiner Wählergruppe an und erzielte 2,59 Prozent der Stimmen. Er behielt aufgrund des Ergebnisses seiner Gruppierung seinen Sitz im Rat.

Anklage wegen Anstiftung zur Wahlfälschung

Anfang 2023 ließ das Amtsgericht Hamm eine 2022 von der Staatsanwaltschaft Dortmund erhobene Anklage gegen Dr. Cevdet Gürle wegen Anstiftung zur Wahlfälschung zur Hauptverhandlung zu. Ihm wurde vorgeworfen, im Vorfeld der Kommunalwahl 2020 Anhänger seiner Partei dazu veranlasst zu haben, Briefwahlunterlagen für junge Wähler anzufordern, um diese mutmaßlich in deren Namen zugunsten seine Wählergruppe Pro Hamm abzuschicken („Ballot Harvesting“). Der Prozess sollte ursprünglich am 2. Juni 2023 beginnen,[1] am 27. Mai 2023 wurde vom Westfälischen Anzeiger jedoch berichtet, dass der Prozess – aufgrund eines Betriebsausfluges des Amtsgerichts – erst am 28. August 2023 beginnen würde. Am ersten Verhandlungstag wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Vorwürfe

Nach Berichten des Westfälischen Anzeigers sollen jugendliche Anhänger der Wählergruppe Pro Hamm zunächst im Umfeld von Gürles Sportverein Taekwondo Herringen[2] und später am Märkischen Gymnasium[3] Namenslisten verteilt haben, auf denen überwiegend türkische (Erst-)Wähler ihren Namen, ihr Geburtsdatum[4] und ihre Wahlscheinnummer[2] preisgeben sollten. Der Zweck der Listen soll den Angesprochenen möglicherweise nicht (immer) bewusst gewesen sein. So glaubten einige offenbar, bloß an einer Umfrage teilzunehmen.[4]

Mithilfe der so erlangten Daten der Betroffenen wäre es möglich gewesen, einen Antrag auf Briefwahl zu stellen und die Einwilligung zur Zustellung der Wahlunterlagen an die Adresse einer Person aus dem Umfeld von Pro Hamm vorzutäuschen. So bestand theoretisch die Gelegenheit, dass Dritte die Stimmzettel im Namen der jungen Wähler ausfüllen und absenden. Um den Jugendlichen zu veranschaulichen, welche Nummer angegeben werden sollte, soll teils auch die Wahlbenachrichtigung eines Pro Hamm-Mitglieds gezeigt worden sein. Gürle soll dieses Mitglied selbst im August 2020 um ein Foto ihrer Benachrichtigung gebeten haben.[2]

Zur Koordination des Vorgehens soll es nach Erkenntnissen des WA zudem eine WhatsApp-Gruppe „Briefwahl“ gegeben haben, in der Namen von hunderten (Erst-)Wählern aufgelistet gewesen sein sollen. Die Teilnehmer der Gruppe sollen sich darüber ausgetauscht haben, für welche der aufgelisteten Personen schon Briefwahl beantragt wurde.[3] Auch Nachfragen von Angesprochenen wurden hier offenbar beantwortet.[2]

Als das Wahlamt die Erstwähler zur Vergewisserung anschrieb und darüber in Kenntnis setzte, dass deren Briefwahlunterlagen an eine abweichende Adresse zugestellt wurden, wandten sich in zwei Fällen[2] Eltern an den Westfälischen Anzeiger. Aufgrund der darauf aufbauenden Berichterstattung wurde auch der Staatsschutz auf die Vorgänge aufmerksam.[3]

Stellungnahmen Gürles

Gegenüber dem WA gab Gürle 2020 zunächst an, dass die Aktion auf die alleinige Initiative einer 15-jährigen Nachwuchssportlerin aus seinem Verein zurückgehe, von der er auch über die Namen der Betroffenen informiert worden sein will.[2] Nachdem er auch vom Wahlleiter telefonisch über die Vorfälle unterrichtet wurde, sammelte Gürle selbst die Unterlagen ein und gab sie den betroffenen Wählern binnen zwei Stunden zurück.[2]

Am 7. September 2020 gab der Ratsherr eine Pressemitteilung heraus. Darin hieß es unter anderem, die fraglichen Listen hätten der Bereitstellung von Informationsmaterial über Pro Hamm gedient.[5]

„Jugendliche und junge Erwachsene, die Pro Hamm zugetan sind, haben mit ihren Freunden, Schulkameraden und Arbeitskollegen über unsere Arbeit gesprochen und dabei sicherlich das Thema Wahlrecht aufgegriffen. Wenn Briefwahlunterlagen mit Einverständnis des Wahlberechtigten bestellt wurden, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass er diese bekommt und in alleiniger Verantwortung die Wahlentscheidung trifft. Es gab in keinerlei Form die Absicht Briefwahlunterlagen im Sinne eines versuchten Wahlbetrugs zu beantragen oder zu nutzen. Dies allein aufgrund der Tatsache zu vermuten, dass Briefwahlunterlagen an eine andere Adresse gingen, halten wir für Stimmungsmache.

[…] Auf Wunsch bestand auch die Möglichkeit, sich über diese Liste die Briefwahlunterlagen zusenden zu lassen. Dass der Eifer von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei manchen zu Irritationen geführt hat, ist ärgerlich und nicht im Sinne der Sache, aber jedoch entfernt von einer Wahlmanipulation. Wenn Schüler*innen an einer weiterführenden Schule für die Wählergruppe Pro Hamm aktiv geworben haben, dann bitte ich das zu entschuldigen. Schulen sind selbstverständlich Tabuzonen für Wahlkampfaktivitäten. Hier haben wir und auch ich als Vorsitzender verkannt, dass Jugendliche, welche Pro Hamm in guter Absicht unterstützen wollten, einen Großteil ihres Freundeskreises naturgemäß in der Schule treffen.“

[5]

Über seinen Strafverteidiger ließ Gürle 2022 nach Anklageerhebung gegenüber dem WA mitteilen, dass er die Vorwürfe nach wie vor bestritt.[3]

Einstellung

Bei Prozessbeginn am 28. August wurde das Verfahren im Einvernehmen zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft eingestellt. Es kam noch zur Verlesung der Anklageschrift, danach wurden die geladenen Zeugen aber wieder abbestellt. Zwar sei es im Fall eines 17-Jährigen, der offenbar den Stimmzettel einer Mitschülerin ausgefüllt hatte, 2020 zur Verurteilung gekommen, dies sei aber der einzige Fall gewesen. Zudem sei Gürle auch nicht vorbestraft, sodass drei Jahre nach der Wahl aus Sicht der Anklage kein öffentliches Interesse an einem weiteren Verfahren bestehe. Die Einstellung des Verfahrens stellt im Übrigen kein Schuldeingeständnis dar.[6]

Weitere Fotos

Presseberichte

Einzelnachweise